Sonntag, 24. Dezember 2017

Weihnachtslaune - ein Weihnachtsmärchen von Sigrid Ruth Stephenson

Ausnahmsweise gibt es an dieser Stelle einmal keine Buchrezension, sondern ein Weihnachtsmärchen aus eigener Feder, verbunden mit den besten Wünschen für ein schönes Weihnachtsfest!
Herzliche Grüße
Ihre Sigrid Stephenson



Weihnachtslaune
Copyright Sigrid Ruth Stephenson
Es war einmal eine Stadt, nicht groß und nicht  klein, die lag geborgen im Land zwischen den Meeren im schönsten Bundesland der Welt. Von zwei Flüssen wurde die Stadt durchzogen, der Gute und der Laune. Und weil das so war, nannte man sie die Gute-Laune-Stadt. „Wir wollen nirgends anders leben“, sagten die Menschen, die dort wohnten. Und die, die etwas anderes dachten, behielten es für sich.
Jedes Jahr um die Weihnachtszeit wurde ein großer Baum auf dem Marktplatz aufgestellt. Erst war er dunkel, aber an einem bestimmten Tag tauchten wie aus dem Nichts viele, viele Kinder mit ihren Eltern auf, um Licht in die Zweige zu bringen. Eine überaus gut gelaunte Tanzlehrerin setzte das Mikrofon an die Lippen und forderte die Kinder auf, kräftig zu tanzen, um Strom zu erzeugen. Das taten die Kinder, aber der Baum blieb dunkel. „Mehr!“ rief die Lehrerin. „Ihr müsst fester tanzen! Zeigt mir eure Weihnachtslaune!“ Das taten die Kinder. Und plötzlich wurde es ganz wunderbar hell – im Baum und in den Herzen der Menschen. Auch deren Ohren ging es gut, denn eine Band in prächtigen Gewändern machte wundervolle Musik mit Trommeln und Schellen und allerlei mehr. Schon fingen die großen Leute an, Punsch zu trinken und fröhlich Bratwürste mit den kleinen Leuten zu teilen. Alle redeten miteinander und bekamen bei alldem einfach schrecklich gute Laune.
Plötzlich jedoch fing ein Kind an zu weinen. „Der Weihnachtsmann! Wir haben vergessen, den Weihnachtsmann zu wecken!“
„Oh Gott, ja ...!“
Im Nu war die Aufregung groß, denn der Weihnachtsmann schlief gewöhnlich so tief, dass er Weihnachten verschlafen könnte. Aber wo war er überhaupt? Zum Glück wussten alle, was zu tun war. Ein Feuerwehrmann schwenkte so lange den Suchscheinwerfer über die Hausfassaden und die Kinder riefen so laut nach dem Weihnachtsmann und die Band in den prächtigen Gewändern spielte so lange „Nikolaus, komm in unser Haus“, bis sie ihn endlich gefunden hatten, den Heiligen Mann. „Da oben! Da oben ist er!!!“
In seinem roten Mantel mit dem breiten schwarzen Gürtel stand er rundbäuchig allein an einem Fenster und sah hinab. Dann winkte er. Fröhlich sah er nicht aus. Eigentlich geradezu übellaunig. Als sei ihm ein Heer von Weihnachtsläusen über die Leber gelaufen.
„Seht ihr das nicht? Der Weihnachtsmann braucht Hilfe“, rief ein alter Mann aufgeregt und schwenkte seinen Stock. „Ihr müsst ihn retten, sonst findet er uns nicht ...!“
Schnell fuhr ein Feuerwehrmann im Leiterkorb nach oben, half dem Weihnachtsmann hinein und fuhr mit ihm hinab.
„Hohohoho!“ rief der Heilige Mann gähnend und reckte sich. „Wo zum Teuf..., eh, um Himmels willen bin ich hier? Ich muss wohl eingeschlafen sein. Jetzt weiß ich gar nicht, wo ich bin. Weiß nicht mal mehr, wie ich heiße ...!“
„Auf der Erde bist du, du Dummi!“ rief ein kleiner Junge mit roten Borstenhaaren.
„Du bist der Weihnachtsmann, das sieht man doch!“ schrie ein nicht mehr ganz so kleines schwarzhaariges Mädchen mit einem Silberring in der Nase.
„Du bist zu spät dran!“ wetterte eine Hochtoupierte und stemmte die Hände in die Hüften.
Der Weihnachtsmann, der seine Weihnachtslaune plötzlich wiedergefunden hatte, lachte. „Auf der Erde? Das freut  mich aber. Muss ja dringend die ganzen Bestellscheine für die Himmelswerkstatt einsammeln. - Habt ihr eure Wunschzettel dabei, Kinder?“
„Jaaa!!!“ Viele, viele Hände reckten bunt bemalte Zettel in die Höhe.
„Und was ist mir dir?“ Der Weihnachtsmann zeigte auf ein kleines, blondes, dünnes, blasses, ein bisschen traurig aussehendes Mädchen, das weit vorn und doch ein wenig abseits stand.
„Ich hab‘ keinen.“
„Du hast keinen?  - Wünschst du dir denn nichts?“
„Doch. Ein Tier. Aber ich kriege keine Geschenke und außerdem haben wir keinen Platz.“
„Aber alle Kinder bekommen Geschenke zu Weihnachten.“
„Ich aber nicht“, beharrte das Mädchen. „Meine Eltern haben Wichtigeres zu bezahlen und dich gibt es sowieso nicht.“
„Was? Wie? Mich gibt es nicht? Na, dann komm mal näher...“ Der Heilige Mann ließ sich ächzend auf den goldenen Stuhl fallen, den man ihm hingestellt hatte.
Das Mädchen zog die Schultern hoch. Es sah ängstlich aus. Aber neugierig war es auch und so machte es einen Schritt nach vorn. „Ich helfe dir“, sagte der Bürgermeister, packte es um die Taille und hob es auf die Bühne.
„Und wie heißt du?“ Der Rotmantelige zog das Mädchen auf seinen Schoß.
„Chantal Yvonne Meier“, flüsterte das Mädchen.
„Lauter bitte. Ich hör nicht mehr so gut ...!“
„Chantal Yvonne Meier!“ rief das Mädchen nun laut und es klang fast ein bisschen trotzig.
Einige Menschen lachten hinter vorgehaltener Hand. Der Weihnachtsmann hob tadelnd die Brauen.
„Das ist aber ein schöner Name. Und in welcher Stadt bin ich hier, Chantal? Steht eure Stadt auf meiner Liste, nehme ich eure Wunschzettel mit. - Und du darfst schnell noch einen schreiben, ja?“
Chantal wand sich auf dem Schoß des Weihnachtsmanns. „Lass mich!!“ Vorsichtig stellte er sie auf die Füße.
„Nun sag schon, wo bin ich?“ Chantal kämpfte sichtlich mit den Tränen und schwieg.
„Du bist in der Gute-Laune-Stadt!“ riefen die großen und die kleinen Leute, lachten und klatschten in die Hände.
„Gute-Laune-Stadt? Nie gehört ...!“ Der Weihnachtsmann blätterte in seiner Liste. „Gute Laune, gute Laune ... Nicht zu finden. Ich höre jetzt immer nur von schlechter Laune. Von Hetze und zu vielen Keksen. Von Ärger über Weihnachtsgans-Preise und das Gedrängel in den Geschäften. Von zu viel Arbeit und Unfrieden in den Familien.“ Das Gesicht des Weihnachtsmanns war rot wie sein Mantel geworden. „Nur wegen des verdammten Ärgers brauchen die Menschen in den Schlechte-Laune-Städten Geschenke – sie brauchen Trost!“ Er zog eine silberne Brille heraus und sah noch einmal nach. „Es hilft nichts. Eure Stadt steht hier nicht.“ Dann stieß er einen Pfiff aus. Im Nu landete ein Schlitten mit sechs Rentieren genau vor seinen Füßen. „Ich muss weiter. Tut mir Leid!“
„Nein, bitte nicht!“ schrien die Kinder. „Wir brauchen doch auch Geschenke!!!“
„Aber das kann nicht sein. Ihr seid ja schon glücklich. Immer gute Laune in der ganzen Stadt. Das ist doch einfach wunderbar. Auf Wiedersehn! - Hohohoho!“
Schon eilte der Bürgermeister auf die Bühne, entriss der Tanzlehrerin das Mikrofon und rief: „Halt, Stop, heiliger Mann! - Weihnachten ohne Geschenke, das geht gar nicht! Außerdem, eh, gibt es sogar bei uns nicht ganz so gut gelaunte, eh, also ... “
Der Weihnachtsmann kratzte sich am Bart. „Nun ja, ich sehe ein“, er blickte Chantal an, „dass es auch hier Menschen gibt, denen es nicht ganz so gut geht. Die haben vielleicht Grund zu ein bisschen schlechterer Laune.“
Der Bürgermeister warf sich in die Brust. „Aber die vergessen wir nicht. Wir kümmern uns um sie. So viele Vereine und Verbände und Privatpersonen ...“
„Das ist gut, sehr gut ist das!“ lobte der Weihnachtsmann.  „Aber es scheint noch nicht genug zu sein. Ein kleines Mädchen, das nicht mehr an Geschenke glaubt. Tz, tz, tz ... - Vielleicht sollte ich im Himmelsbüro darum bitten, dass Kinder wie Chantal auf die Liste gesetzt werden. Die bekommen dann Trost-Geschenke, nur die anderen nicht.“
Einige Kinder begannen zu heulen und die Erwachsenen sahen einander betroffen an. „Ich will aber diesen Ring haben“, raunte eine junge Frau ihrem Mann zu und küsste ihn auf die Wange. „Ich brauche aber dieses Smartphone! Alle in meiner Klasse haben so eines!“ rief ein Junge in schick bedruckter Jacke. „Weihnachten ohne Geschenke ist mega-blöd!“ rief ein krausköpfiger Jugendlicher.
Der Weihnachtsmann massierte sich das Kinn. „Was soll ich denn jetzt tun? – Ich kann doch nicht alles für euch regeln. Lasst euch mal selbst was einfallen!“
Ein großes Gemurmel setzte ein. Alle redeten durcheinander, überlegten dieses und schlugen jenes vor. Endlich trat einer als Sprecher nach vorn. „Es gibt hier eine Familie, die Chantal gern mal zum Pony-Reiten einladen würde“, sagte er. Chantal hob den Blick. „Ich habe einen jungen Hund, der würde sich freuen, wenn Chantal mit ihm spazieren ginge“, sagte eine alte Dame mit einem weißen Fellknäuel auf dem Arm. Chantal riss die Augen auf. „Und ich zeige für Chantal und alle ihre Freunde und Freundinnen ‚Susi und Strolch‘ im Kino – kostenlos!“ sagte ein Mann, der sehr freundlich aussah. Jetzt lächelte Chantal. Geradezu strahlend. In der Tat: Sie sah plötzlich ausgesprochen gut gelaunt aus - und passte endlich in ihre Stadt.
„Hohohoho“, sagte der Weihnachtsmann, „hab ich’s doch gewusst.“ Winkend flog er davon.
Die großen und kleinen Leute sahen ihm ein wenig ratlos nach. Aber dann fiel ihnen ein, dass die Weihnachtsfreude eigentlich noch viel wichtiger war als die Geschenke. Und dass Freude, die man anderen gibt, ins eigene Herz zurückkehrt. Und wer weiß, vielleicht würde der Weihnachtsmann ihre Stadt ja doch noch auf die Liste setzen.
Der Weihnachtsmann flog derweil sinnend durch den Himmel. Vielleicht sollte ich die Gute-Laune-Stadt doch auf die Liste setzen lassen, überlegte er. Gut möglich, dass ich es tue. Sehr gut möglich. Hoho! Ho! Ho!
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Dienstag, 12. Dezember 2017

Yukon - Abenteuerreise von Joey Kelly und Lindemann über einen grimmigen Strom

Es ist ein ziemlich besonderes (Weihnachts-)Geschenk für Fans von Joey Kelly und Till Lindemann. Es ist wahrscheinlich besonders ein Buch für männliche Leser - aber nicht nur. Es ist auch etwas für Liebhaber nordamerikanischer Wildnis und des Flusses Yukon: das Buch "mein gehasster Freund Yukon".

Was zuerst ins Auge sticht, ist das große Format des Bandes. Dann fällt das Motiv auf: zwei Männer, einer auf der Schulter des anderen sitzend und sich zugleich an einem Pfahl festhaltend, in grauem Gewässer unter blau-grau-weißem-Himmel. Die Männer tragen Klamotten in Tarnfarben. Sie sehen ein bisschen aus wie Männer, die Abenteurer sein könnten und zugleich auch nur die netten Kerle von nebenan. Männer, die berühmte Musiker sind, denn Till Lindemann ist Sänger und Texter von "Rammstein" und Joey Kelly ist Bandmitglied der legendären "Kelly Family". Die beiden lernten einander bei einer Award-Verleihung backstage kennen und freundeten sich an, obwohl sie rein musikalisch so gar nicht zusammen passen. Dafür sind beide mehr als sportlich. Kelly ist Extremsportler, den "selbst ein Wettlauf zum Südpol nicht schreckt" und zu dessen Lieblingsreisezielen der Yukon gehört, Lindehamm hat seine Jugend als DDR-Profischwimmer im Schwimmbecken verbracht. Die beiden besuchten einander vier-, fünfmal im Jahr und beschlossen eines Tages, gemeinsam zu verreisen. Ein All-inclusive-Urlaub kam natürlich nicht in Betracht. Stattdessen eine echte Herausforderung, eine Kanureise auf dem Yukon, der Kanada und Alaska miteinander verbindet. Eine Reise, die die beiden an ihr körperliches Limit führte, zu mentaler Grenzerfahrung und schlussendlich auch zu "Demut im Angesicht der Unbezwingbarkeit der Natur."

Ein Bildband mit gigantischen, oft doppelseitigen Bildern, die so großformatig sind, dass man sie nicht mit einem Blick erfassen kann, sondern von links nach rechts oder umgekehrt mit den Blicken darüber hinwegwandern muss. Bilder, in die man eintauchen möchte. Wirklich atemberaubende Landschaftsfotografie von Thomas Stachelhaus. Geeignet für Menschen, die Abenteuerromantik und raue Natur lieben und auch vor Fotos von toten Fischen und Elchen nicht zurückschrecken. Dazu beschreibende Texte, in Interview-Form, und lyrische Texte - in Deutsch oder Englisch - von Lindemann, der bereits zwei sehr erfolgreiche Gedichtbände veröffentlichte.

Die Autoren:
  • Till Lindemann, Jahrgang 1963, geboren in Leipzig, ehemaliger Leistungsschwimmeer, Tischler, Zimmermann und Korbflechter, seit 1994 Sänger und Texter der Band "Rammstein".
  • Joey Kelly, Jahrgang 1972, Mitglied der "Kelly Family" mit heute über 20 Millionen verkauften Tonträgern. Ausdauersportler mit über 100 Marathons und Ultra-Wettkämpfen weltweit.
Der Fotograf: Dieter Kreutzkamp, Jahrgang 1946, arbeitet seit vielen Jahren als Reisejournalist, Fotograf und Autor. Seit mehr als 30 Jahren bereist er auf abenteuerliche Weise Afrika und erlebte dabei zwei komplette Afrikaquerungen. Er verfasste Bücher über die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Südeuropa. Für das vorliegende Buch hat er einen mehrseitigen, reich bebilderten Text über den Yukon verfasst.

Kelly/Lindemann, Mein gehasster Freund Yukon, Verlag National Geographic 2017, 192 Seiten, ca. 120 Abbildungen, Format 38,5 x 29,7 cm, 79 Euro.

Samstag, 2. Dezember 2017

Sadhguru: Die Weisheit eines Yogi und die Botschaft des Yoga

"Da war irgend so'n Guru!" - Na, wie klingt das? Wertschätzend nicht, oder? Dabei wissen viele Menschen - war bei mir bis vor kurzem nicht anders - gar nicht, was Guru überhaupt bedeutet. Wörtlich übersetzt ist ein Guru, so Sadhguru, der Verfasser des Buches "Die Weisheit eines Yogi", "der die Dunkelheit zerstört". Ein Sadhguru ist jemand, der die universelle Wahrheit (Sat - was nichts mit dem Fernsehsender zu tun hat!) verkörpert. In seinem Buch präsentiert der Autor mit den warmen braunen Augen die Essenz seiner Lehre und seiner Lebenserfahrung. Tiefgründig, spannend und unterhaltsam erklärt er die Botschaft des Yoga.  Auch hier konnte ich Neues lernen.Yoga - das ist doch diese heute so weit verbreitete Entspannungsmethode, bei der man die abenteuerlichsten Verrenkungen macht, Asanas genannt - dachte ich. Ist nicht völlig falsch, trifft es aber auch nicht. Denn Yoga, so lerne ich nun, ist ein Instrument, um Situationen genau so zu erschaffen, wie ich sie haben will. Tatsächlich? Darüber muss ich mehr wissen ...!

Alles begann für Jaggi Vasudev während eines Motorradtrips durch Indien. Dort machte er auf einem Berggipfel die radikalste innere Erfahrung seines Lebens. Als ich davon lesen, fällt es mir, ehrlich gesagt schwer, das zu glauben. Auch als ich davon lese, dass Sadguru die meiste Zeit seiner Schulzeit meditierend auf einem Baum oder so verbracht hat, frage ich mich ernsthaft, wie er es geschafft haben kann, den Highschoolabschluss zu schaffen und zu studieren. Aber Indien ist nun einmal anders. Und wahrscheinlich habe ich in Wirklichkeit sowieso keine Ahnung ...

Spannende Berichte seines persönlichen Lebenswegs und über die Erfahrungen anderer bedeutender Yogis prägen das vorliegende Buch. Nicht zuletzt schreibt Sadguru über den menschlichen Geist und das, was wir derzeit aus ihm machen: "Wieso ist dieses so wunderbare Instrument zu einer Maschine geworden, die Elend produziert?" Das könnte kaum passieren, würde man bedenken, dass der Geist viele Dimensionen hat, die logische, intellektuelle nur eine davon ist und die emotionale, spirituelle niemals außer Acht gelassen werden sollte.

Der Autor: Sadhguru Jaggi Vasudev ist als Vermittler eines ganzheitlichen und spirituellen Bewusstseins international anerkannt. Er trat als Redner bei den Vereinten Nationen, dem Weltwirtschaftsforum und dem MIT auf und sprach vor dem House of Lords. Viele bekannte Lehrer wurden von ihm beeinflusst. Er ist Gründer der Isha-Stifung zur Verbreitung eines modernen Yoga mit vielen Praxiszentren weltweit.

Sadhguru, Die Weisheit eines Yogi - Wie innere Veränderungn wirklich möglich ist, Verlag O. W. Barth 2017, gebunden mit Schutzumschlag, 288 Seiten, 19,99 Euro.

Freitag, 1. Dezember 2017

Preusker: Berührender SMS-Wechsel eines Abschieds von einer sterbenden, krebskranken Freundin

Es macht mich traurig und betroffen, dass Susanne Preusker vor wenigen Tagen freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Das habe ich nicht ahnen können, als ich kürzlich ihr letztes Buch rezensierte:

*

Der Tod gehört zum Leben. Jemand brachte es kürzlich so auf den Punkt: "Eigentlich sterben wir vom Augenblick unserer Geburt an." Kein schöner Gedanke, oder? Dass wir alle irgendwann sterben müssen, ist immerhin gerecht. Dass manche eher gehen müssen und oft viel zu früh, ist es nicht. Ein Schicksal, dass die Sterbenden und die, die zurückbleiben müssen, zunächst in tiefe Traurigkeit stürzen kann und in den meisten Fällen auch wird.

Traurig sind auch Tine und Gabi. Tine ist Anfang 50, als die längst besiegt geglaubte Krebserkrankung sie einholt. Ihre Freundin Gabi begleitet sie auf ihrem letzten Weg. Auf der Basis von Original-SMS, die die beiden einander gesendet haben, erzählt Susanne Preusker die wahre Geschichte einer intensiven Freundschaft. Um ihre Trauer zu verarbeiten, fährt Gabi nach Tines Tod damit fort, sehr private Nachrichten an deren Nummer zu senden. Sie kann nicht ahnen, dass diese Nachrichten von einem unbekannten Mann gelesen werden, der Tines Handynummer zufällig übernommen hat. Berührende Texte von Susanne Preusker ergänzen die fragmentarisch wirkenden SMS-Abdrucke. SMS, die sich lesen wie diese;

"Gabi: Schlafe gut, meine Liebe, und eine Nacht mit viel Scheisserei und einen morgen mit der Diagnose, dass du nach Hause kannst und einen Tag ohne irgendwelche Probleme. Ich leide mit dir und bin bei dir. Ich habe dich so lieb und fühle dich von mir behütet. Ich wünschte, ich kann mehr für dich tun. Deine Gabi"

Und das Fazit? "Tine gehen zu sehen, schmerzt. Aber am Ende bleibt Gabi mit Hoffnung, Liebe und Lust am Leben zurück." Mein persönliches Fazit: Auch ich könnte in die Lage kommen, dankbar zu sein zu müssen und zu wollen für einen einzigen Tagen ohne irgendwelche Probleme. Okay, die gibt es eh kaum, wenn man ehrlich ist. Aber sie sind vergleichsweise klein, Jammern auf hohem Niveau. Genießen wir also unsere Zeit ...!

Die Autorin: Susanne Preusker ist Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin. In die Schlagzeilen geriet sie, als sie sieben Stunden lang in die Gewalt eines Sexualstraftäters kam, den sie zuor ier Jahre lang therapiert hat. Sie lebt als Autorin von Sachbüchern und Krimis in Magdeburg. Ihre Bücher "Sieben Stunden im April" und "Wenn das Glück mit dem Schwanz wedelt" sind, ebenso wie "Ich schreib dir einfach weiter", bei Patmos erschienen.

Susanne Preusker, Ich schreib dir einfach weiter - SMS eines Abschieds, 106 Seiten, Patmos-Verlag 2017, Hardcover mit Schutzumschlag, 16 Euro.

Mittwoch, 29. November 2017

Lebensfreude entdecken mit einem liebevollen Begleiter auf der Entdeckungsreise zu sich selbst

"Entdecke dich selbst und finde dein Gück - Das kleine Buch für mehr Lebensfreude". Na, wenn dieses Büchlein von Diana Hochgräfe nicht ideal ist für meinen "Bücher-für-mehr-Lebensfreude"-Blog ...! Es ist ein schmaler Band. Auf dem Cover tut ein Schmetterling sich gütlich an einer gelben Blüte, die im Sonnenlicht leuchtet. Darunter der Titel: gelbe Schrift auf pinkfarbenem Untergrund. Das Buch lädt dazu ein, die eigenen Fesseln zu sprengen, sich von Begrenzungen zu befreien und das zu tun, was uns glücklich macht. Wenn ich nur wüsste, was genau das ist ...! Okay, dann begebe ich  mich also mal auf eine kleine Entdeckungsreise zu mir selbst und schlage das Büchlein auf.

Unsystematisch, wie ich zuweilen bin, beginne ich mit dem  Nachwort. Da schreibt die Autorin: "Ich war jahrelang auf der Suche, wusste jedoch nicht wirklich, wonach." Das kommt mir bekannt vor. Auch, was dann folgt: sich abhängig zu machen von der Meinung und dem Verhalten anderer Menschen, in Partnerschaften die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen, sich verbiegen zu lassen ... Stattdessen vertraut Diana Hochgräfe heute darauf, dass alles, was geschieht, ihrem Besten dient und dem Wohle aller Beteiligten. - Das gefällt mir.

Also schlage ich die "kleine Anleitung zum Glücklichsein" nun ganz vorn auf. Da wartet schon wieder ein Schmetterling auf mich, als pinkfarbene Grafik dieses Mal. Und auch die Blüte zeigt sich, eine Seite weiter, erneut. Die beiden servieren mir Weisheiten, wie
  • Lebe, liebe, lache - genieße den Augenblick (weil jede Stunde kostbar und jede Minute einzigartig ist)
  • Sei mutig und glaube an dich (denn beim Sprung ins Ungewisse könne man letztlich nur gewinnen - an Selbstvertrauen, Erfahrungen, Erkenntnissen ...)
  • Übe dich in Gelassenheit (statt dich immer wieder selbst unter Druck zu setzen)
  • Bewerte und verurteile nicht (dann kann man sich - wie erleichternd! - ums eigene Wohlbefinden kümmern, statt sich über Dinge, Situationen oder andere Menschen den Kopf  zu zerbrechen
  • Sei einfach glücklich (auf ganz eigene Art und Weise)
  • ...
Es folgen Übungen zur Stärkung und Heilung der verschiedenen Chakren = Energiezentren sowie ein "Blick hinter die Kulissen". Gemeint sind die eigenen Ängste, Blockaden, Muster, Prägungen, Schmerzen ...

Natürlich gibt es etliche Bücher, die sich bereits mit dieser Thematik beschäftigen. Schön am vorliegenden Werk, als Weihnachtsgeschenk prima geeignet, sind
  • das lockere Layout, das schon für sich eine gewisse Leichtigkeit vermittelt 
  • die kurzen, inspirierenden, ermutigenden Texte und Heilungsimpulse mit daneben stehender Erläuterung, die man, immer wieder einmal und portionsweise, in kurzer Zeit lesen und bedenken kann
  • die positiven Affirmationen in pinkfarbener Schrift, die sofort ins Auge fallen, so dass wenige Sekunden genügen können, um für die nächsten Momente, Stunden, Tage wieder ein bisschen glücklicher zu sein ...
Die Autorin: Diana Hochgräfe ist Heilpraktikerin und Personal Trainerin. Sie hat immer mehr gelernt, Dinge zu hinterfragen, hinter die Kulissen zu blicken und ihr wahres Selbst zu leben. "Eindeutige Zeichen" seit Beginn des Jahres 2016 haben sie dazu gebracht, ihr brach liegendes Talent als Schreiberin zu nutzen und ihr erstes Buch zu verfassen.
Diana Hochgräfe, Entdecke dich selbst und finde dein Glück - Das kleine Buch für mehr Lebensfreude, Ellert & Richter Verlag 2017, Paperback, 120 Seiten.

Montag, 27. November 2017

Schreibratgeber über die Kunst, das Leben genießend Romane zu schreiben

Schon mal in ein weißes Blatt gesprungen? - "Der Sprung ins weiße Blatt" von Cornelia Jönsson widmet sich der "Kunst, Romane zu schreiben und trotzdem das Leben zu genießen". Wäre das nicht toll, wenn das wirklich ginge? Bei mir ist es seit Jahren so, dass ich endlich, endlich einen meiner angefangenen Romane zu Ende schreiben will oder sehr gern wenigstens wieder mal einen neuen beginnen würde, aber irgendwie komme ich nicht dazu. Also werfe ich einen Blick in das Buch. Könnte ja sein, dass es hilft ...!

Es hilft, zunächst einmal insofern, als das Lesen einfach gut tut. Vom ersten Kapitel - ein Vorwort gibt es nicht, aber dieses könnte als solches taugen - bin ich schon einmal begeistert. Die Autorin schreibt von ihrer Mutter, die liest und liest und liest. Man sieht sie beständig lesend vor sich, auf dem Sofa herumlümmelnd, während der Fernseher läuft, beim stundenlangen Föhnen ihrer längst trockenen Haare, beim Genuss einer "allerersten Seite in der herrlichen Stille, kurz bevor das Haus erwachte". Wen wundert es da, dass diese Mutter auch quasi immer schon schrieb. Und dass die Tochter sich, solange sie zurückdenken kann, danach sehnte zu schreiben, um nicht an ihrer "Fantasie zu ersticken", vor allem, als sie noch gar nicht schreiben konnte.

Das erste Kapitel endet, wie alle anderen, mit Vorschlägen für Übungen. Besondere Übungen, die mir gefallen, wie etwa
  • einen Text zu schreiben über die Unterstützung, die wir, unser Schreiben betreffend, durch andere Menschen erfahren haben - und schon fällt mir so manches ein, worüber ich dankbar sein könnte
  • darüber zu schreiben, was sich in meinem Leben verändern würde, wenn ich  nie wieder schriebe - ein erschreckender Gedanke!
  • die ganz persönliche Schreibformel zu entwickeln, basierend auf der Variablen Zeit - wobei ich lerne, dass die Zeit das geringste Problem sei, brauche man doch keine zehn Minuten, um, wild darauf losschreibend, eine Seite zu füllen, womit ich an einem 250-Seiten-Buch maximal 2500 Minuten lang schreiben müsste, was etwa einer einzigen 40-Stunden-Woche entsprechen würde - was für ein faszinierender Gedanke ...!

Ein tolles Buch - was nicht zuletzt an der Schreibe der Autorin liegt. Hier ein Beispiel: "Weißt du, wie es ist, in den Sonnenaufgang hinein zu schreiben? Weißt du, wie es sich anfühlt, die Nacht durchzuschreiben? Zu schreiben, während das Abendbrotgeschirr in fremden Wohnungen klappert, zu schreiben, während Vergnügungseifrige die Straßen entlang schlenderrn, zu schreiben, während in den Club die Türen öffnen, kleine Kinder sich auf leisen Sohlen ins elterliche Bett schleichen, Liebende erschöpft auseinander sinken, während die Nacht dunkel und traumschwer wird, die Straßen ruhiger, die Sterne heller, um im frühen Vogelkonzert vorm Erröten des Himmels dich selbst noch einmal zu einem letzten Höhenflug anzutreiben, bevor du dann, wenn dir die Sonne in die Augen sticht, ins Bett wankst, müde aber randvoll mit dem Glück der Schaffenden? Wie fühlt sich das an?" ... - Da sage noch mal jemand etwas gegen Bandwurmsätze ...!
 

Ernüchternd aber doch nicht entmutigend wirkt das Kapitel "Bei Wasser und Brot: Schriftsteller sein und trotzdem überleben".

Wann immer ich einen neuen Schreibratgeber lese und erkenne, wie sehr ich mich verwandt fühle mit der Seele anderer Schreibender, frage ich mich, wie man überhaupt leben kann, ohne zu schreiben ...! Und inzwischen - kleines Update zu dieser vor Jahren geschriebenen Rezension - schreibe ich mit Feuereifer an meiner Biografie, stehe kurz vor dem Abschluss und blogge darüber - in einem vielgelesenen Blog. :-)


Die Autorin: Cornelia Jönsson hat Theaterwissenschaft und Philosophie in Wien und Berlin studiert, außerdem Psychologie an der FU Hagen; Ausbildung zur systemischen Therapeutin. Die Walter-Kempowski- und Leonard-Franck-Preisträgerin ist Autorin von Romanen, Erzählungen, Sachbüchern, Theaterstücken und Dozentin für Kreatives Schreiben.

Cornelia Jönsson, Der Sprung ins weiße Blatt - Von der Kunst, Romane zu schreiben und trotzdem das Leben zu genießen, Autoren-Haus Verlag 2017, Hardcover, 218 Seiten, 19,99 Euro.

Freitag, 24. November 2017

Gesunde Ernährung für Kinder nach Hans-Ulrich Grimm - frische Lebensmittel statt knallbunter Chemie

Mitte der Achtziger, ich war 30 Jahre alt, kam ich zum ersten Mal mit dem Thema Vollwerternährung in Berührung. Bruker & Co. ließen grüßen. Sofort war ich fasziniert. Damals waren meine beiden Söhne Kleinkinder - ein guter Startpunkt, fand ich. Fortan blieb es ihnen ebenso wenig wie ihrem Vater erspart, mit gesunder Kost konfrontiert zu werden. Da war so mancher Kampf vorprogrammiert und - ich muss es leider gestehen - hängen geblieben ist nicht gar so viel. Hätte es aber müssen, wenn das stimmt mit "early programming", was bedeutet, dass man im Kindesalter von den Eltern ein lebenslang gültiges Essverhalten übernimmt. Schwierig allerdings, wenn es da zwei konträr denkende und handelnde Vorbilder gibt ...!

In seinem Buch "Gummizoo macht Kinder froh* - * krank und dick dann sowieso - Kinderernährung - was gut ist und was schädlich" befasst Nahrungskritiker Dr. Hans-Ulrich Grimm sich eingehend mit dem Thema kindlicher Ernährung. Nie zuvor sind Kinder so früh mit industriell gefertigter Nahrung in Kontakt gekommen wie heute, buhlen Lebensmittelkonzerne so stark darum, schon sehr junge Kunden an sich zu binden. Nie zuvor wurden Eltern so nachhaltig mit widersprüchlichen bis falschen Ernährungsempfehlungen in die Irre geführt. Der Autor empfiehlt, sich zu wehren und Kindern gesunde,altersgerechte, nichtindustriell verarbeitete Lebensmittel anzubieten und darauf zu vertrauen, dass selbst Babys schon entscheiden können, was und wieviel gut für sie ist. Wer kennt nicht das Bild des mit Milch aus der Flasche abgefüllten Säuglings, der weitere Nahrung längst deutlich verweigert, und doch immer wieder den Sauger in den Mund geschoben kriegt.

Das Buch ermuntert unter anderem dazu,
  1. in Sachen Ernährung das Kind der Chef sein zu lassen
  2. Fastfood, auch aus dem Babygläschen, grundsätzlich in Frage zu stellen
  3. unsere Kinder vor falscher Programmierung durch industrielle Nahrung zu schützen
  4. dem Immunsystem kein falsches Futter zu geben - oder warum Flaschenkinder doppelt so oft ins Krankenhaus müssen wie gestillte Kinder
  5. Milch für Kinder nicht mit Milch für Kälber zu vertauschen und gründlich darüber nachzudenken, ob man dem Nachwuchs wirklich H-Milch zumuten möchte
  6. Experten-Meinungen zu misstrauen, denn wie leicht könnten sie gekauft sein
  7. coole Jungs vor einer Säuferleber durch zu viel Zuckerkonsum zu bewahren
  8. die Wirkung von Nahrung auf die Intelligenz zu beachten - oder was schlechtere schulische Performance mit westlichen Ernährungsmustern zu tun hat
  9. die Bedeutung der eigenen Ernährung in der Schwangerschaft richtig zu werten
  10. verborgenen, unterschwelligen Stress durch Fast- und Fakefood, Nährstoffkrise und anderweitig falsches Essen aufzuspüren
  11. künstliche Vitamine zu meiden - dazu kann auch Vitamin D gehören
  12. die Kinder, und damit wären wir wieder bei Punkt 1, die Sache selbst in die Hand nehmen und nach Lust und Laune essen zu lassen
Der Autor: Dr. Hans-Ulrich Grimm ist Journalist und Autor. Er plädiert dafür, sämtliche Erzeugnisse aus der Lebensmittelindustrie zu boykottieren und stattdessen frische Ware von Märkten und Bauern zu konsumieren. Seine Erkenntnis: Genuss und Gesundheit gehören zusammen.

Hans-Ulrich Grimm, Gummizoo macht Kinder froh, Klappenbroschur, Droemer-Verlag 2017, 320 Seiten, 18 Euro.

Donnerstag, 23. November 2017

Therapeutischer Umgang mit Krisen - "Der Schöpferische Sprung" von Verena Kast

Haben Sie schon einmal von einem Leben ohne Krisen gehört? Ich nicht. Wenn in meinem eigenen Leben mal wieder eine mehr oder weniger heftige Krise ausgebrochen ist, tröste ich mich als erstes und fast automatisch mit dem Allgemeinplatz: "In jeder Krise steckt eine Chance." Das hilft, aber oft nur für den Moment. Was, wenn man/frau mehr braucht? Dann könnte ein neues Buch zur Seite stehen: "Der schöpferische Sprung" von Verena Kast. Es handelt vom therapeutischen Umgang mit Krisen.

Das Schwierige an einer tiefen Krise ist ja, dass einem plötzlich fast alles sinn- und aussichtslos erscheint. Ein guter Ausweg? Nicht in Sicht. Eine hilfreiche Strategie? Fehlanzeige. Stattdessen Leere im Gehirn und negativ besetzte Überfülle in der Seele. Nicht zuletzt, weil man ahnt, dass vieles sich ändern wird und muss. Eine Neuorganisation steht an, gewöhnlich mit Angst verbunden. Man muss sich schließlich eingestehen: Mein bisheriges Verhalten passt jetzt einfach nicht mehr. Ich brauche eine Veränderung, eine kreative Idee oder gleich mehrere. Kurz gesagt: Ich brauche den schöpferischen Sprung!

Dr. Verena Kast, Professorin für Psychologie und Psychotherapeutin in eigener Praxis, beschreibt in ihrem Buch anhand vieler Fallbeispiele, wie Psychotherapeutinnen und Analytiker Menschen in Krisensituationen begleiten, um ihnen zu helfen, die in der Krise liegenden Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen. Dazu ist es wichtig, den Auslöser der Krise ebenso herauszuarbeiten wie die tieferen Zusammenhänge und damit den Sinn der aktuellen Situation. Da ist zum Beispiel dieser maßlos wütende Mannn, der seit zwei Tagen weiß, dass seine Frau einen Freund hat. Er kann nicht mehr schlafen, kann nicht mehr essen. Und findet erst im Gespräch heraus, wovor er eigentlich Angst hat: "Sie verlässt mich - ich werde alt sein - niemanden mehr haben, der nach mir schaut - ich werde vertrocknen - ich habe keinen Gesprächspartner mehr."

Das Buch ist für Fachleute ebenso gedacht wie für Betroffene und deren Angehörige. Die Neuauflage des Buches wurde ergänzt um ein Kapitel, das auf positive Veränderungen und Entwicklungen aufmerksam macht, die eintreten können, wenn man sich Krisen mutig stellt.

Die Autorin: Dr. Verena Kast ist Dozentin und Lehranalytikerin am C.-G.-Jung-Institut Zürich. Sie hat zahlreiche Werke zur Psychologie der Emotionen, zu Grundlagen der Psychotherapie und zur Interpretation von Märchen und Träumen verfasst.

Verena Kast, Der schöpferische Sprung - Vom therapeutischen Umgang mit Krisen, Patmos-Verlag 2017, 232 Seiten, Paperback, 18 Euro.

Mittwoch, 22. November 2017

Vergebung, Entschuldigung, Verzeihen als Weg, um Herzschmerzen zu heilen

Verzeihen - welch komplexes Thema!

Es wäre ja wirklich schön, man würde sich so verhalten, dass man sich nie zu entschuldigen bräuchte. Also bemühe ich mich, möglichst nett, offen, fair, interessiert und verständnisvoll mit meinen Mitmenschen umzugehen. Was oft, aber längst nicht immer gelingt. Ist dann eine Entschuldigung angesagt, so geht mir ein ernst gemeintes "Sorry!" noch schnell und leicht über die Lippen. Das genügt aber nicht immer. Geschieht ein Streit in Wut oder gar Verzweiflung, bin ich selbst zu einem "Sorry!" zunächst gar nicht in der Lage. Bei einem ernsthaften Disput spüre ich, wenn der Zorn vorüber ist,  große Erleichterung, wenn mein Gegenüber meine Entschuldigung offenen Herzens annehmen kann. So können - auf Augenhöhe - beide Seiten aufatmen und den Kopf weiterhin oben tragen. Was gut tut, aber nicht immer machbar ist. Man/frau kann sich da selbst arg im Weg stehen.

In ihrem Buch "Versuch's mal mit Entschuldigung - Wie Versöhnung kleine und große Herzschmerzen heilt", zeigt Harriert Lerner, was man alles falsch machen kann in Sachen Vergebung. Warum es einigen Menschen, oft über viele Jahre hinweg, so schwer fällt, aus vollem Herzen "Verzeih mir!" zu sagen. Wie man die eigene Bitterkeit überwinden kann, wenn das Gegenüber die Wirklichkeit verdreht und uns die Schuld zuschiebt. Aber auch, wie heilsam eine Entschuldigung sein kan und was man konkret(!) tun kann, wenn man eine schmerzvolle Erfahrung gemacht oder einem anderen Menschen Schmerz zugefügt hat.

Wussten Sie, dass es verschiedene "Entschuldiger-Typen" gibt? Der notorische Nicht-Entschuldiger gehört ebenso dazu wie der "Zu-viel-Entschuldiger". Die Autorin geht der Frage nach, warum gerade die Menschen mit den schlimmsten Vergehen am wenigsten ihre Schuld eingestehen können. Sie rät dazu, dem Druck einer halbherzigen Entschuldigung zu widerstehen. Friede, Freude, Eierkuchen um jeden Preis ist also nicht die Lösung.

Obwohl die Autorin sich seit rund 20 Jahren mit der Thematik beschäftigt, ist auch sie vor Schwierigkeiten nicht gefeit: "Bei meinem Mann Steve entschuldige ich mich gern nur für das, was ich als meinen Anteil an einem Problem sehe, und erwarte zugleich von ihm, dass er sich für das entschuldigt, was ich als seinen Part betrachte. Man kann sich vorstellen, dass wir uns da nicht immer einig sind."

Das Buch richtet sich nicht nur an  Menschen, die verzeihen lernen möchten,sondern auch an die, die verletzt wurden und die Erfahrung machen, dass die andere Seite "es einfach nicht kapiert". Ihnen zeigt sie Wege auf, um den Ton eines Gespräches von sich aus zu ändern und so zum "Schuldigen" durchzudringen. Es zeigt aber auch, dass die Herausforderng von Entschuldigung und Versöhnung ein Tanz ist, der zwischen mindestens zwei Personen stattfindet. Und bei solch einem Tanz tritt man dem anderen eben nur allzu leicht auf die Füße.

Die Autorin: Harriet Lerner, Psychologin in eigener Praxis, ist Bestseller-Autorin - mit über 3 Millionen verkauften Büchern. Regelmäßig schreibt sie für das Magazin New Woman. Ihr Buch "Wohin mit meiner Wut" wurde in 35 Sprachen übersetzt. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.

Harriet Lerner, Versuch's mal mit Entschuldigung - Wie Versöhnung kleine und große Herzschmerzen heilt, Verlag Knaur Balance 2017, 224 Seiten, 16,99 Euro.

Dienstag, 21. November 2017

Der Team-Entwickler - Gemeinsam gewinnen lernen

Im früheren Leben, als ich noch nicht freiberuflich arbeitete, fand ich mich in einigen Teams wieder - und auch wieder nicht. Ich halte mich für teamfähig, dennoch lief es nicht rund. Ob es besser gegangen wäre, wenn meine damaligen Chefinnen das Buch "Der Team-Entwickler" von Jens Corssen, Stefan Gröner und Stephanie Ehrenschwendner gelesen und die Erkenntnisse daraus angewendet hätten. Aus meiner Sicht bestimmt, denn was ich da so lese, deckt sich in großen Teilen mit dem, was auch ich über Teamentwicklung denke. Ich hätte vielleicht lieber Chefin werden sollen, um es anwenden zu können - immerhin ist das Führen von Mitarbeitern eine vielschichtige Herausforderung, die mich durchaus gereizt hätte. Dann hätte ich sicher mit dem Gedanken angefangen, die Stärken meines Teams in den Fokus zu stellen anstatt dauernd an dessen Schwächen herumzumäkeln ...

Spaß beiseite. Hin zum Buch. "Gemeinsam gewinnen lernen" lautet der Untertitel des sehr menschlich und unterhaltsam geschriebenen, dialogreiche Werkes, das erstanlicherweise mit dem IV. Quartal beginnt. Da wird Schwarzwälder Kirschtorte gegessen, weil man sonst den Workshop nicht durchsteht. Da wird ein Body-Check vorgeschlagen, zu dem man sich aus stürmischen Verhandlungen zurückzieht, um das Gehirn runterzukühlen, den Kampfmodus zu verlassen und so zum Boss über die eigenen Gedanken zu werden. CEO Ralf Hübner wird als Change-Manager vorgestellt, der kein Rausschmeißer sein will. Teamspirit soll gefördert werden. (Schon interessant, wie aus dem Mannschaftsgeist mit der Zeit zuerst der Teamgeist und nun der Teamspirit geworden ist ... ob das die Sache leichter macht?)

Die Lerninhalte des Buches sind in eine Geschichte rund um die Teamentwicklung in einem Verlag verpackt, bei der Leser und Leserinnen hautnah dabei sind beim täglichen Kleinkrieg, bei Missverständnissen, Chancen trotz Schwächen, guten Ansätzen und Fehlverhalten und manchem mehr. Mit locker-flockigen Worten endet die emotionsgeladene Geschichte: "Er rückte die Krawatte zurecht und machte sich mit einem Lied auf den Lippen auf den Weg in den Konferenzraum: "You'll never walk alone." Wer das auch so sieht oder sehen möchte, braucht ein gutes Team. Das vorliegende Buch unterstützt die Teamentwicklung unter anderem durch
  • Kurz&bündig-Zusammenfassungen für Team-Entwickler und Team-Mitglieder
  • die Toolbox des Teamentwicklers, die in Übersichten die Merkmale der acht Rollen (Leader, Graue Eminenz, Diva, Altstar, Resignierter ...), ihre Chancen und Risiken sowie die möglichen Maßnahmen zur Entwicklung des  Teammitglieds stichwortartig zusammenfasst 
Die Autoren:
Jens Corssen, Diplompsychologe und Verhaltenstherapeut, ist gefragter Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Zielerreichung im Management.
Stefan Gröner, ehemaliger Top-Medienmananger und Handball-Bundesliga-Profi, Change-Manager, Strategieberater und Vortragsredner, lehrt als Professor für Unternehmenskommunikation an der Hochschule Fresenius in Müchen.
Stephanie Ehrenschwendner arbeitete jahrelang in leitenden Positionen im Verlagswesen und ist heute als frei Autorin, Beraterin und Coach für Autoren und Verlage tätig.
Corssen, Gröner, Ehrenschwendner, Der Team-Entwickler - Gemeinsam gewinnen lernen, Knaur-Verlag 2017, gebunden mit Schutzumschlag, 288 Seiten, 17,99 Euro.

Sonntag, 19. November 2017

Strickanleitungen: Einfach Lacemuster stricken - Tücher, Kleidung und mehr

Mögen Sie es lieber grob oder hauchzart? Grobe Maschen sind seit einer Weile in, aber der Gegenpart lebt eben auch. Das Buch "Einfach LACE stricken - hauchzarte Tücher, Kleidung und mehr" von Michaela Drosten lädt ein zu zarten Maschen.

Gleich im Vorwort wird über die positiven Wirkungen des Strickens berichtet:
  • senkt den Blutdruck
  • baut Stress ab
  • stärkt Selbstvertrauen, Kreativität und logisches Denken
Na, wenn das kein Grund ist ...!

15 Strickanleitungen in drei Schwierigkeitsgraden warten darauf, umgesetzt zu werden. Nach ein paar Basics geht es auch schon los. Gleich das zweite Modell, der Kuschel-Cowl Résia, Schwierigkeitsgrad: einfach, wirkt auf mich allerdings gar nicht zart. Wie auch - bei Rundnadelstärke 15?! Zarter ist da schon das Dreieckstuch Marielena, bei dem das geometrische Lacemuster nur auf einer Seite gestrickt wird. Interessant ist das schräggestreifte Tuch, bei dem kraus rechts gestrichte Partien mit dem Lacemuster wechseln und für einen kontrastreichen Look sorgen. Süß ist das Sommer-Top Silandra, glatt rechts gestrickt, mit einem Lacemuster als Abschlussbordüre. Toll für Fortgeschrittene: das Blattmuster-Tuch Montani. Alles in allem:  nicht so hauchzart, wie man beim Lesen des Titels denken könnte, aber das eine oder andere  neue Lieblingsstück könnte dabei sein.

Die Autorin: Michaela Drosten strickten ihre ersten Pullover schon im Alter von sieben Jahren. Ihre Leidenschaft machte sie als diplomierte Ingenieurin für Bekleidungstechnik zum Beruf. Später gründete sie ein Handarbeitsgeschäft. Mehr über sie gibt es unter www. atelyeah.info.

Michaela Drosten, Einfach LACE stricken, Edition Michael Fischer 2017, 96 Seiten, 16,99 Euro.

Jimmy Liao: Die Sternennacht - Bilderbuch für Erwachsene über universelle Sehnsüchte

Als meine Kinder flügge wurden, musste ich sie gehen lassen. Was ich behalten habe bis heute, das sind viele ihrer Bilderbücher. Ich liebe schön gemachte Bilderbücher. Ich  könnte ja auch mal in unsere Stadtbücherei gehen, denke ich manchmal, um einfach mal ein paar neue Bilderbücher dort in aller Ruhe zu lese. Aber ich weiß nicht recht, so als Erwachsene ...?

Gerade als Erwachsene! Das muss sich wohl auch Jimmy Liao gedacht haben, als er das poetische Bilderbuch "Die Sternennacht" kreierte - eine Geschichte über das Erwachsenwerden. Die Helden darin: ein einsames Mädchen und ein schweigsamer Junge, die sich anfreunden - auf der Suche nach Wärme und Zuwendung. Das farbenprächtig gestaltete, textarme Bilderbuch ist eine wahre Augenweide ...! Viele doppelseitige Bilder sprechen - ohne Worte - für sich. Man kann förmlich baden in den fantasievollen Impressionen, die diese poetischen Illustrationen in strahlenden Farben vermitteln. Ein Buch, das man immer wieder neu betrachten und durchdenken kann.

Der Autor: Jimmy Liao, 1958 in Taiwan geboren, ist ein in ganz Asien bekannter und hochgeschätzter Bilderbuchkünstler. Seine in über zehn Sprachen übersetzten Werke, verträumt bis melancholisch, werden von Jugendlichen und Erwachsenen gelesen. Die ersten veröffentlichte er im Alter von 40 Jahren.
Nach seinem Abschluss in Kunst an der Chinese Culture University hatte er zunächst 12 Jahre lang für eine Werbefirma gearbeitet. Danach betätigte der Künstler sich als Illustrator für Zeitungen und  Magazine. Auslöser für sein kreatives Schaffen war der Kampf gegen Leukämie, den er nur knapp überlebte. Sein erstes Bilderbuch, gedacht als Abschiedsgeschenk an seine Familie, war der Start für eine beeindruckende Karriere. Viele seiner Werke wurden zu Musicals, Fernsehspielen oder Filmen umgeschrieben.

Jimmy Liao, Die Sternennacht, Chinabooks, 130 Seiten, 26 x 19 cm, Paperback, 29,99 Euro.

Samstag, 18. November 2017

Häkeln-Standardwerk - voll traditioneller und trendiger Tipps, Tricks, Anleitungen

Stricken ist schön, Häkeln ist schöner - für mich jedenfalls. Man braucht nur eine Nadel und nicht zwei oder gar fünf und wenn man beispielsweise Stäbchen häkelt, dann kommt man sichtlich voran. Na gut, beim Stricken mit dicken Nadeln ist das nicht anders - das geb ich zu. Doch obwohl ich mich noch lebhaft an selbst gehäkelte Topflappen oder Tops und das mit den schnellen Erfolgserlebnissen verbundene Lustgefühl erinnere, habe ich lange nicht die Häkelnadel geschwungen. Wieso eigentlich? Egal, das wird sich jetzt ändern ...!

Dass das so ist, das liegt an einem tollen, 368 Seiten dicken Buch, 2017 in dritter Auflage erschienen. Der Titel dieses Nachschlagewerks: "Häkeln". Das Cover leuchtet in meiner aktuellen Lieblingsfarbe Violett, von dem sich edel goldene Lettern abheben. Wirklich wichtig aber ist der Inhalt. Was frau hier zum Thema Häkeln nicht finden kann, das gibt's wahrscheinlich auch noch nicht. Von trendigen Grobmaschen bis zu zarten Spitzen, etwa im Ananasmuster, wird alles beschrieben.

Als Fortgeschrittene finden Sie Anleitungen zu Sondertechniken, wie
  • tunesischer Häkelei
  • Knooking
  • Doubelface-Häkeln
  • Gabelhäkeln 
Damit nicht genug: Es gibt eine Übersetzungsliste, damit Sie auch fremdsprache Anleitungen, die Sie im Netz entdecken können, verstehen. Und wenn Sie über den eigenen Bedarf hinaus häkeln wollen, finden Sie sogar Hinweise, wie Sie Ihre selbst gehäkelten Kunstwerke online verkaufen können. Last but not least gibt es noch eine Karte mit nützlichen Helfern ganz hinten im Buch:
  • einen Zahlrahmen für Maschenproben
  • Nadeltester zur Ermittlung der Nadelstärke
  • Maschenmarkier und
  • zwei Pappspulen zum Aufwickeln von Garn 
Und wem das immer noch nicht reichen sollte, dem präsentiere ich hier noch ein paar Highlights im Buch, die mir persönlich besonders gut gefallen:
  • dekorative Verschlüsse, wie der nostalgische Posamentenverschluss 
  • Häkelknöpfe
  • eine Anleitung zum Häkeln von Baskenmützen (daneben finden Sie nur noch Anleitungen zum Socken- und Handschuhhäkeln - ansonsten ist das Buch ein alles erklärendes Nachschlagwerk!)
  • Anweisungen zum mehrfarbigen Häkeln, zum Beispiel mit bunten Noppen für Kinderkleidung
  • Blüten in irischer Häkelei
  • Tipps zum Umhäkeln bei gleichzeitigem Anhäkeln einer Borte
  • Behandlung von Einzelmotiven mit Stärke
  • und, und, und ...
100 häufige Fragen - FAQs -  finden Antwort; ein bebildertes Glossar erklärt Begriffe. Ob Anfänger oder Fortgeschrittene, mit diesem Buch dürften auch Sie bald ein echter Häkel-Fan werden. Es ist ja sooo einfach ... jedenfalls sieht es so aus!

E. Hetty-Burkart, B. Hilbig, B. Simon, Häkeln - Das Standardwerk, TOPP-Buch im Frech-Verlag, 3. Auflage 2017, 368 Seiten, 29,99 Euro.

Mittwoch, 15. November 2017

Gehirntraining: Fitness für helle Köpfe mit Neugier, Bewegung, Spaß und Spiel

Man geht in die Muckibude, um die Muskeln zu stärken. Man dreht seine Joggingrunden, um die Ausdauer zu trainieren. Aber was ist mit unserem Denkapparat? Natürlich benutzen wir unser Gehirn ständig, quasi nebenbei. Aber, so Rita Steininger in ihrem Buch "Für helle Köpfe": Unser Gehirn braucht lebenslang regelmäßige Trainingsreize, nicht erst im Alter.

Der Ethnologin und Journalistin geht es nicht in erster Linie um Denksportaufgaben und Gehirnjoggingrunden, was seinen Grund hat: "Im Herbst 2014 gaben mehr als 70 Kognitions- und Neurowissenschaftler aus aller Welt ein gemeinsames Statement heraus, in dem sie die Werbeversprechung der Gehirnjogging-Anbieter als überzogen, unseriös und teilweise irreführend einstuften. Besonders vehement widersprachen sie der Behauptung, Gehirnjogging könne Alzheimer oder andere Demenzformen verhindern." (Eine gewisse geistige Verjüngung durch regelmäßigen Denksport konnte allerdings nachgewiesen werden.)

In ihrem Buch lädt die Autorin zu Vielseitigkeit ein, dazu, begeistert wie ein Kind,
  • die Sinne zu trainieren (auf allen sieben Sinneskanälen)
  • sich ausreichend zu bewegen (mit Muskel- und Koordinationstraining)
  • öfter mal Neues auszuprobieren (Routinen zu durchbrechen, kreativ zu werden, zu tanzen ...)
  • sich Ruhe und Entspannung zu gönnen (acchtsam entstresst, erholt durch guten Schlaf)
  • Sozialkontakte zu pflegen (gesellig plaudernd und lachend spielen ...)
Trotz gewisser Bedenken - variantenreiches (!) Knobeln ist auch nach diesem Buch erlaubt. 56 Übungen, 9 Spiele und 13 gesunde Kochrezepte sind Teil des kompakten Paperbacks. Einen Lösungsteil gibt es natürlich auch, etwa um herauszufinden, ob die Kartoffel, die aus einem in einem Boot befindlichen Sack herausgenommen und ins Wasser geworfen wird, den Wasserspiegel steigen, sinken oder gleich bleiben lässt. Mal ganz ehrlich: Ich hätte falsch gelegen ...!

Die Autorin: Rita Steininger arbeitet als freie Lektorin. Sie hat mehrere erfolgreiche Sachbücher und Ratgeber über Erziehung und Lebensgestaltung geschrieben. Die Mutter zweier erwachsener Söhne lebt mit ihrem Mann in München.

Rita Steininger, Für helle Köpfe - Fitness fürs Gehirn, Patmos-Verlag 2017, 128 Seiten, Klappenbroschur, 128 Seiten, 12 x 19 cm. 13 Euro.




Montag, 6. November 2017

Impulse zum Jahreswechsel - Achtsam durch die Rauhnächte

Rauhnächte - das klingt winterlich. Rauhnächte - das klingt märchenhaft, nach Feen und Kobolden und Geheimnissen, zumindest für mich. Wie klingt es für Sie? Und was wissen Sie über die Rauhnächte? Wussten Sie, dass sie durch die Differenz in der Zeitrechnung des Sonnen- und Mondjahres entstanden sind? Oder dass die Rauhnächte für manche Menschen mit der Wintersonnenwende beginnen, für andere erst ab der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember? Dass traditionelle Verhaltensregeln für die Rauhnächte bis heute überliefert sind? Dass sie eine Zeit des Rückzugs sein sollten, heute gern "Retreat" genannt ...?

Im Vorwort von "Achtsam durch die Rauhnächte - Inspirierende Impulse zum Jahreswechsel" führt Maren Schneider, ihres Zeichens Meditationslehrerin, in diese besondere Zeit ein. Den Text des Buches hat sie während der Rauhnächte von 2016 auf 2017 geschrieben und "während des Schreibens die spürbare Zeitqualität jedes einzelnen Tages und der einzelnen Nächte aufgegriffen". Sie ließ die Ideen und Inspirationen, die sich ihr während des Tages und während der Nacht offenbarten, einfließen.

Schneider lädt ihre Leser und Leserinnen ein
  • achtsam zu werden
  • Rituale und Meditationen auszuprobieren
  • Ordnung zu schaffen
  • Kraftplätze zu finden
  • intuitiv zu leben
  • ....
und das alles unabhängig davon, wie man zu Weihnachten steht und ob man es allein erlebt oder mit anderen Menschen zusammen, ob man glücklich ist oder unglücklich. Einfach, um eine Auszeit zu genießen.

12 Nächte lang können Sie
  • Reinigungsritualen folgen
  • Orakel befragen
  • in die Stille gehen
  • der Natur lauschen
  • Fülle auf den Weg bringen
und manches mehr. Eine Übungs-CD mit Meditationen, gesprochen von der Autorin selbst, liegt dem quadratischen Buch mit dem stimmungsvollen Nachtbild auf dem Cover bei.

Maren Schneider, Achtsam durch die Rauhnächte, Inspirierende Impulse zum Jahreswechsel, O. W. Barth Verlag 2017, 143 Seiten, mit CD.



Freitag, 3. November 2017

Männlichkeit leben - die Stärkung des Maskulinen

Ich halte nicht allzu viel davon, Männer und Frauen miteinander zu vergleichen - dazu sind sie einfach zu unterschiedlich. Ich bin stattdessen sehr dafür, sie gleichberechtigt, achtsam und fair zu behandeln. Nicht nur deshalb gefällt es mir so gut, dass es neben dem Buch "Weiblichkeit leben", das ich gestern rezensierte, auch das Buch "Männlichkeit leben" gibt. Eine Psychologin, bei der ich kürzlich ein Coaching-Seminar besuchte, machte mich darauf aufmerksam. Es sei ihr derzeitiges Lieblingsbuch und die Männer, die es auf ihre Empfehlung hin lasen, hätten sich begeistert gezeigt. Einer sagte gar: "Dieses Buch müsste Schulstoff werden - für Mädchen und Jungen!" Geschrieben hat es Björn Thorsten Leimbach.

Es macht mir Spaß, neue Bücher einfach irgendwo aufzuschlagen. Oft lese ich mich dann fest. Als ich dieses Männerbuch zum ersten Mal aufschlage, lande ich bei einem Abschnitt mit der Überschrift "Männer mystifizieren Frauen". Wenn Leimbach Männer in seinen Männertrainings zu Beginn nach deren größtem Schmerz fragt, so erzählen etwa 80 Prozent, dass sie die dauerhafteste Verletzung ihres Lebens durch eine Frau erlitten hätten, zumeist durch eine Expartnerin oder die Mutter. Häufig in Verbinung mit einer großen Enttäuschung, mit Verrat oder Desillusionierung. Ein Hinweis, so der Therapeut, dass sie oft viele Jahre lang mit einem unrealistischen Bild ihrer Partnerin gelebt hätten und nun schmerzhaft mit der Realität konfrontiert würden. Die Ursache: mangelnde Abnabelung und Distanz von der Mutter, deren unreflektiertes Bild sie auf andere Frauen übertragen.

Ähnlich wie das Buch "Weiblichkeit leben" hat auch dieses Buch viel mit dem Zusammenspiel und den Unterschieden von Mann und Frau zu tun, die Sexualität eingeschlossen, und vom Glück als Mann in der Liebe. Die Rede ist auch von Freundschaft (unter Männern), der Vaterbeziehung, der Initiation ins Mannsein, den männlichen Archetypen und von Aggression als Grundbaustein der Männlichkeit. Das Buch enthält als zusammenfassender Leitfaden eine "Bauanleitung für den Herzenskrieger in zehn Schritten", wobei der Herzenskrieger für "die Vision einer neu verstandenen und gestärkten Männlichkeit" steht. Gezeigt wird der Weg vom großen Jungen zu wahrer Männlichkeit - durch das Annehmen der eigenen Aggressionen und die Erlernung des Kampfes, Kontakt zu eigenen Gefühlen, Versöhnung mit dem Vater , Entdeckung eigener Kraftquellen ...

Fallbeispiele lockern das Buch auf und illustrieren das zu Lernende. Und zu lernen gibt es viel. Hier ein paar Beispiele:
  • Akzeptieren Sie, dass keine Frau Sie je bedingungslos lieben wird.
  • Erkennen Sie Mutters Sichtweise als EINE Sichtweise der Welt; lernen Sie Vaters Sichtweise kennen als "die andere Seite der Wahrheit".
  • Wirken Sie symbiotischem Verhalten in der Beziehung entgegen.
  • Schluss mit dem "Jein". Klar Ja und  Nein sagen lernen.
  • ...
Was ein Nein bedeuten kann, zeigen Männer in Leimbachs Seminaren zum Beispiel so:
  • Geheimnisse für mich zu behalten.
  • Eine Frau nicht zu trösten, wenn sie weint.
  • Ein Essen, das mir nicht passt, abzulehnen
  • Eine attraktive Einladung zum Sex abzulehnen.
  • ... 
Was für ein interessantes Buch - nicht nur für Männer ...!

Der Autor: Trainer und Coach für Männer im deutschsprachigen Raum. Seit über 20 Jahren leitet er Persönlichkeits- und Managementseminare. Als Paartherapeut mit Praxis in Düsseldorf entwickelte und leitet er seit 1995 die LoveCreation-Tantra- und Partnerschaftstrainings. Wer mehr zum Coaching wissen möchte, findet hier Informationen.

Björn Thorsten Leibach, Männlichkeit leben - Die Stärkung des Maskulinen, Ellert & Richter Verlag 10. Auflage 2016.


Mittwoch, 1. November 2017

Weiblichkeit leben - die Hinwendung zum Femininen

Als junge Frau las ich im Büro Frauenzeitschriften, wenn mein Chef mal wieder nicht da und alle Sekretariatsarbeit erledigt war. Dabei sammelte ich eifrigst Koch-, Back-, Garten- und Bastelrezepte. Was wollte ich nicht alles machen, wenn ich endlich nicht mehr jeden Tag ins Büro würde gehen müssen - als frisch gebackene Mama. Andererseits fand ich eine deutlichere Gleichberechtigung der Frau schon in den Siebziger Jahren mehr als überfällig und die Ansicht meiner Eltern in den Sechzigern, dass ich als Mädchen kein Abitur brauche, da ich ja ohne heiraten werde, nachhaltig ärgerlich antiquarisch. Nun betrachte ich mein eigenes Leben und das meiner Geschlechtsgenossinnen. Was hat sich gewandelt? Sind wir wirklich glücklicher geworden in den letzten Jahrzehnten? Haben wir es richtig angepackt und ließ man uns gewähren?

"Weiblichkeit leben - Die Hinwendung zum Femininen" heißt das Buch von Astrid Leila Bust. Die Frauenbewegung, die im Außen viel bewirke, findet die Autorin, habe ihr Ziel noch nicht erreicht. Sie sei "stecken geblieben, da sie sich zu sehr am Mann orientiert" habe. Der sei stets das Leitbild der Frau gewesen. Sie habe sich an ihm gemessen, ihn bekämpft und sich aufgerieben in dem Bestreben, besser zu sein als er. - Hm, verflixt ...! Da könnte echt was dran sein. Schon der Klappentext hält noch mehr erhellende Botschaften bereit. "Sie müssen ihn ... nicht abwehren und sich von ihm trennen, um sich selbst treu zu sein." Oder: "... wenn die Liebe und Wertschätzung für das eigene Feminine und Maskuline wiederentdeckt wird, werden sich beide angstfrei und ohne Schuldgefühle füreinander öffnen können." Selbstliebe und Selbstakzeptanz als Voraussetzung dafür, vom anderen Geschlecht geliebt und respektiert zu werden - das scheint die Message zu sein.

Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis steigert die Neugier:
  • Die Vermännlichung der Frau
  • Ich schaue in den Spiegel - und sehe meine Mutter
  • Sich aus dem weiblichen Karma befreien
  • Die erste große Liebe: der Vater
  • Zurück ins Frauenland
  • Weibliche Sexualität
  • Eine neue Vision von Weiblichkeit: die Dakini
  • Neue Wege in Partnerschaft und Erotik
  • Mann bleibt Mann und Frau bleibt Frau
  • Sie sind die Frau Ihres Lebens
Die letzten dreißig Jahre, so lese ich, haben zu einem tief greifenden Rollenwandel geführt, zu einer Rollenkonfusion und Verunsicherung in der Identität der Frau und in der des Mannes. Verdrängte Weiblichkeit, um vermeintlich notwendige männliche Fähigkeiten zu entwickeln? Was ist heute noch typisch männlich, was typisch weiblich - und was davon darf noch (oder sollte wieder) sein? Wie kann man als neugierige, suchende Frau heute die eigene Freiheit und Liebe erkennen? Warum ist es wichtig, das negative Männerbild endlich wieder aufzugeben? (Achten Sie doch beispielsweise in Fernsehkomödien darauf, wie oft Männer als leicht vertrottelt dargestellt werden, während die Frauen als das in Wirklichkeit starke Geschlecht gefeiert werden. Und wie oft hört man aus Frauenmündern immer wieder dasselbe Wort mit der ewig gleichen Betonung: "Männer ...!")

Ein spannendes Buch. Zugleich eines, das nicht danach trachtet, zu traditionellen Rollen zurückzukehren, denn "die Errungenschaft unserer Gesellschaft" ist die Freiheit der Wahl. Sie haben nun die Wahl, sich für dieses Buch ernsthaft zu interessieren - oder auch nicht.

Die Autorin: Astrid Leila Bust ist Religionspädagogin und Systemische Paar- und Sexualtherapetin. Sie entwickelte und leitet Dakini-Frauentrainings sowie, gemeinsam mit Björn Thorsten Leimbach, seit 1995 Partnerschaftsseminare und das "Liebes- und Beziehungstraining". Wehr mehr wissen will, findet hier weitergehende Informationen.

Astrid Leila Bust, Weiblichkeit leben - Die Hinwendung zum Femininen, Verlag Ellert & Richter, 5. Auflage 2017, Softcover, 296 Seiten.